Vaihingen (hw) Lena Eppinger aus Klasse 10d des Friedrich-Abel-Gymnasiums brach Ende Januar für ein halbes Jahr nach Neuseeland auf. Zwar sprach man schon von Wuhan, aber nie hätte sie bei der Abreise gedacht, dass ein kleines Virus sie zur vorzeitigen Rückreise zwingen würde.
Von Frankfurt aus flog Lena über Singapur nach Auckland. Kaum war sie nach 26 Stunden bei ihrer Gastmutter Heidi in dem kleinen Ort Thames auf der Nordinsel angekommen, als sie schon wieder ihre Sachen packen musste: Es ging zum Campen. Das Out-Door-Leben ist in Neuseeland „Nationalsport“. Deshalb machte Lenas Gastmutter auch mit ihr und ihrer japanischen Gastschwester am Wochenende Ausflüge: Sie gingen zusammen im neuseeländischen Busch wandern und badeten an den schönsten Stränden in der Umgebung. Überhaupt wurde Lena von ihrer Gastfamilie, ihrer Schule und den Gleichaltrigen toll aufgenommen.
In ihrer Schule Thames High hat Lena besonders beeindruckt, dass sie nur drei Fächer belegen musste. Darunter waren so außergewöhnliche wie Kochen, Fotografieren und Outdoor Sports.
Sie erlebte jeden Tag etwas Neues und war überrascht über die Nachrichten aus Deutschland. An dem Wochenende, als in Deutschland die Schulen geschlossen wurden, war sie mit einer Freundin auf der Coromandel Halbinsel. Beide waren über die Nachrichten entsetzt, wo doch in Neuseeland alles noch völlig normal war. Die Eltern der Freundin buchten sofort einen Flug nach Hause, weil die Fluggesellschaften schon begannen, den Betrieb einzustellen. Auch zwei andere Deutsche verließen Neuseeland und zum Schluss reiste auch Lenas Gastschwester zurück nach Japan. Eigentlich wollte Lena ja bleiben, aber nun wurde klar, dass Corona auch bald Neuseeland erreichen würde. Am Montag in der 3. Stunde verfolgten alle Schüler im Livestream die Rede der neuseeländischen Ministerpräsidentin Jacinda Ardern: Sie verkündete Neuseelands Lockdown für vier Wochen.
Noch am selben Abend telefonierte Lena mit ihren Eltern. Sie mussten sie ein bisschen überzeugen, aber dann willigte Lena schließlich ein, ihren Namen auf die Liste der Rückholaktion der deutschen Bundesregierung zu setzen.
Am Freitag hieß es in der Schule plötzlich, ein anderer Schüler hätte eine Zusage für den ersten Flug nach Deutschland bekommen. Lena rief bei der deutschen Botschaft in Wellington an und kurz darauf hatte auch sie eine Zusage für diesen Flug.
Schon am nächsten Morgen trafen sie um 5.45h am Flughafen in Auckland ein.
Lange Schlangen vor dem Gebäude, Listen, Pässe. Dann endlich im Gebäude.
Noch längere Schlangen und wieder warten. Und das alles bei zwei Metern Mindestabstand. Im Flugzeug hatte jeder Dritte eine Maske vor dem Gesicht. Der erste Flug ging zehn Stunden nach Tokio, übrigens mit dem ersten Lufthansaflugzeug, das je in Neuseeland gelandet war. Dann folgten 13 Stunden Flug nach Frankfurt. Fast alle waren Schüler und Abiturienten, die von überall auf der Nordinsel nachts zu diesem Flug aufgebrochen waren, um nach Deutschland zurückzukehren.
Bei der Landung in Frankfurt war Lena wehmütig, dass ihr Abenteuer Neuseeland so plötzlich zu Ende gegangen war. Die Traurigkeit war aber vergessen, als sie ihre Familie sie wieder in die Arme nahm. Nun verbringt sie die schwere Zeit zu Hause. Familie, Freunde und die Schule helfen ihr. Ihre Zeit in Neuseeland bleibt unvollendet, doch was zählt, sind die tollen Begegnungen, die wunderschönen Erlebnisse und die unvergesslichen Momente. Es war die Zeit ihres Lebens, sagt sie. „Eines Tages werde ich nach Neuseeland zurückkehren“, glaubt Lena, obwohl Ministerpräsidentin Ardern gesagt hatte, dass noch sehr lange keine Ausländer nach Neuseeland würden einreisen dürfen.
Mai
15
2020