Jannis Pickert – vierwöchiger Austausch mit Frankreich im Mai
Da wegen der Pandemie kein regulärer Austausch mit Frankreich in Klasse 8 stattfand, hat sich Jannis Pickert aus der Klasse 9a des Friedrich-Abel-Gymnasiums im Oktober 2021 bei dem Austauschprogramm 2x4 Wochen des Kultusministeriums in Baden-Württemberg für Frankreich beworben. Im Januar 2022 bekam er Post von der deutsch-französischen Schülerbegegnungsstätte Breisach. Sie haben einen passenden Austauschschüler für ihn gefunden, der auch 15 Jahre alt ist und gerne Fahrrad fährt. Die Freude war groß und die Eltern haben bald miteinander telefoniert, um die Zeitfenster für den gegenseitigen Austausch zu vereinbaren. Beide sollten jeweils drei Wochen die Schule im anderen Land besuchen und eine Woche Ferien mit der Gastfamilie verbringen.
Jannis‘ Gastbruder Matthieu ist sehr sportlich, fährt in seiner Freizeit Rennrad und spielt Rugby. Seine Eltern heißen François (Ingenieur) und Bénédicte (Logopädin). Sein großer Bruder studiert in Paris und seine große Schwester in Marseille.
Nachdem seine Eltern Jannis in Lyon der Gastfamilie übergeben hatten, ist er mit seiner neuen Familie direkt eine Woche in deren Ferienhaus in der Provence gefahren. Dieses Ferienhaus ist ein bisschen anders als normale Ferienhäuser, da es ein ehemaliges Kühlhaus ist (Glacière). Es ist rund, relativ groß und tief. Während am FAG die Schule schon wieder angefangen hatte, konnte Jannis dort viel wandern, klettern, joggen und auch im Mittelmeer nahe Marseille baden gegangen. Man hatte einen unglaublich schönen Blick über die Berge und konnte die Ruhe in der mediterranen Vegetation genießen. Ab und zu kam ein dreibeiniger Fuchs vorbei, der sehr zutraulich war. Die Kids mussten dort beim Holzmachen mit anpacken, sowie die lange Holperstraße zum Haus pflegen.
Der Nachteil dieser Idylle war, dass man dort sehr schlechten Handy- und Internetempfang hatte und Jannis deshalb kaum Kontakt zu seiner Familie halten konnte.
Nach den Ferien kamen dann die drei Wochen in der französischen Schule. Die erste Woche war sehr ungewohnt und anstrengend, da es relativ große Unterschiede zwischen der Schule in Deutschland und Frankreich gibt. Dort beginnt die Schule erst um 8 Uhr und am Eingangstor wird eine Schulkarte von den „Surveillants“ kontrolliert, bevor die Klasse sich in einer Zweierreihe aufstellt und darauf wartet, vom Lehrer abgeholt zu werden. Außerdem gehen die Stunden dort 55 Minuten lang. Vormittags hat man vier Stunden Unterricht, dann 1,5 Stunden Mittagspause und dann nochmal drei Stunden bis um 17 Uhr. Nur mittwochs endet die Schule um 12 Uhr Schule und nachmittags hat man Zeit für das Hobby.
In den Pausen ist es deutlich lauter als am FAG, weil es nur einen Schulhof gibt, der relativ klein und ummauert ist und alle Klassen so viel näher beieinander sind. Der Lärmpegel machte es Jannis anfangs ziemlich schwer, den Pausengesprächen zu folgen. Überrascht hat ihn, dass man immer noch viele Nazi-Witze über Deutsche macht.
Da die Schule bis 17 Uhr geht, hat man wenig Freizeit. Trotzdem sind Jannis und sein Gastbruder abends oft noch Rennradfahren in Lyon gewesen. Die Wohnung war nur zehn Minuten mit dem Rad von der Innstadt entfernt und sie konnten an den beiden Flüssen Rhône und Saône vorbei auf den Fourvière-Hügel zur Basilique Notre-Dame de Fourvière fahren. Von diesem Wahrzeichen Lyons kann man über die ganze Stadt blicken. Außerdem haben sie abends manchmal mit Freunden oder zu zweit Rugby gespielt. Rugby ist eine sehr beliebte und bedeutende Sportart in Lyon. Da es sehr warm war, waren sie auch oft im Freibad und an einem See in den Bergen.
Da Mathieu für seinen mittleren Abschluss (Brevet) lernen musste, haben seine Eltern auch viel mit Jannis unternommen, wie z. B. Kino, Klavierkonzert, Museum.
Bénédicte hat immer sehr lecker gekocht und es gab eigentlich täglich ein Vier-Gänge-Menü: Salat – Hauptspeise – Dessert – Käse. Besonders gut gefallen hat Jannis der Brauch des „Goûter“ (Nachmittagssnacks nach der Schule), der den Hunger nach der Schule bis zum späten Abendessen gegen 21:30 Uhr füllen sollte.
Anfangs war es für Jannis unglaublich schwierig die Sprache zu verstehen, weil alle sehr undeutlich und schnell gesprochen haben. Irgendwann hat er nur noch gelächelt und genickt und war ziemlich müde von dem vielen Input. Doch nach der ersten Woche in der Provence verstand er schon deutlich mehr innerhalb der Familie. Dabei half mir auch ein kleines Heft, in das er alles Wichtige reingeschrieben habe. Ab der zweiten Woche hatte die Familie ein Sprechtempo gefunden, in dem er sie gut verstehen konnte. Den Lehrern in der Schule zu folgen, erwies sich als deutlich schwieriger. Ab der dritten Woche konnte sich Jannis zunehmend an den Gesprächen beteiligen und seine eigenen Fortschritte wahrnehmen.
Im Rückblick denkt Jannis gerne an seine sehr schöne, abwechslungsreiche Zeit in Lyon. Jeden Tag fallen ihm jetzt Erlebnisse und Begegnungen ein, die ihn dort geprägt haben. Und manchmal kommen einfach französische Sätze in seinen Kopf und er hat Lust Französisch zu sprechen. Er freut sich schon darauf, Mathieu im Oktober sein Zuhause, seine Schule, und Vaihingen zu zeigen.