Sebastian Nonn vor seiner Schule in Shanghei

Ehemaliger Schüler vom FAG berichtet aus Shanghai

Shanghai An der Deutschen Schule Shanghai Hongqiao (DSSH) herrscht reges Treiben. Kleine Kinder rennen durch die Gänge, die älteren Schüler versuchen noch die letzten Informationen in der Pause vor der Klausur im Kurzzeitgedächtnis zu speichern und die Lehrer eilen von Klasse zu Klasse. Eine Schule wie jede andere also? Weit gefehlt: Die neuesten Laptops für jeden Schüler, gestellt von der Schule, Ostasienspiele, bei denen deutsche Schulen aus ganz Asien zum sportlichen Wettkampf an der DSSH antreten, Klassenfahrten nach Thailand und in die Mongolei sowie eine bunte Schulgemeinschaft mit vielfältigem internationalem Hintergrund. Das findet man so nicht an jeder Schule. Und doch spürt man momentan von all dem nichts mehr: Das Schulhaus ist abgeriegelt und auf den Gängen herrscht Stille.
Seit nun fast zwei Jahren besucht Sebastian Nonn, ehemaliger Schüler des Friedrich-Abel-Gymnasiums, die DSSH. Eigentlich hätte er in diesen Tagen sein Deutsch Abitur schreiben sollen, dieses wurde jedoch auf Grund des Corona-Virus verschoben. Bis zum 02. März sollen zunächst alle Schulen und Kindergärten in Shanghai sowie in anderen Metropolen wie Peking oder Hong-Kong geschlossen bleiben. Ob die von der chinesischen Regierung verhängte Schulschließung noch verlängert werden soll, ist unklar. Vorsichtshalber wurde das Abitur an der DSSH nun zum zweiten Mal verschoben, diesmal auf Ende April. Bis die Schule wieder öffnet, findet der Unterricht online statt. Das funktioniert grundsätzlich gut, aber die gewohnte Atmosphäre im Klassenverband kommt nur eingeschränkt auf.
Bis auf Weiteres bleiben auch die Compounds, wie man die Wohngebiete hier nennt, für Besucher geschlossen. Nur Anwohner dürfen ein- und ausgehen und auch für diese gilt die von Mitternacht bis 6:00 Uhr morgens verhängte Ausgangssperre. Beim Eintreten in den Compound wird zudem die Körpertemperatur gemessen: Restriktive Maßnahmen, um ein Ausbreiten des Virus einzuschränken.
Seit Montag dieser Woche hat das Leben in Shanghai aber so langsam wieder angefangen. Die Arbeit beginnt wieder, wobei die meisten Firmen ihren Mitarbeitern nach Möglichkeit Arbeit im Home-Office empfehlen. Für all diejenigen, die aber zur Arbeit erscheinen oder sich generell auf die Straße wagen, ist das Tragen von Masken Pflicht. Viele Europäer haben Shanghai bereits verlassen. Zu groß erscheint ihnen das Risiko, angesteckt zu werden.

Für den Abiturienten Sebastian ist die Situation schwierig. Eine Online-Abiturvorbereitung ist nicht das, was man sich als Schüler wünscht, und die stetige Unsicherheit über den Beginn der Schule sowie die spürbar angespannte Lage in ganz Shanghai verbessert diese Umstände nicht. Trotzdem lassen die Zahlen ein wenig Hoffnung durchschimmern: Die Neuansteckungen nehmen von Tag zu Tag ab und somit hofft man in Shanghai darauf, dass man bald wieder frei durch die Millionenstadt schlendern und diese mit ihren unbegrenzten Möglichkeiten genießen kann. Bis dahin bleiben Sebastian und seine Familie weitestgehend zu Hause. Sie bestellen und zahlen Nahrungsmittel sowie andere Dinge des täglichen Lebens per Smartphone und nehmen die Lieferung häufig noch am gleichen Tag entgegen. Sie bleiben weiterhin positiv und halten sich an das Motto: „Keep calm and jiayou“ (chinesisch: keep fighting)!